IMG_2568_retouchiert.jpg

25.10.2022

NAP-Projektbericht: Oenothera

Nicole Söll und Nora Hils

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen (NAP) hat uns das schweizerische Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) beauftragt, eine botanisch komplexe Nachtkerzen-Sammlung zu regenerieren und ihren Wert für die weitere Erhaltung zu beurteilen. Insgesamt werden von HORTUS 142 Akzessionen mit 42 Arten bearbeitet. Ein grosses Projekt, welches uns die nächsten acht Jahre begleiten wird!

In diesem Frühjahr haben wir 30 Akzessionen von 28 verschiedenen Arten aus der Genbank ausgesät. Das Saatgut war zum Teil bereits recht alt, so dass die Keimfähigkeit manchmal gering oder zum Teil gar nicht mehr erhalten war. Insgesamt konnten 24 Akzessionen pikiert werden. Im Anbau auf dem Feld mussten wir die verschiedenen Reproduktionsverhältnisse der einzelnen Arten beachten: Wir hatten selbstbefruchtende Pflanzen wie Oenothera perennis; Pflanzen mit komplexen Reproduktionsmechanismen, welche sich aber unter einem Netz selbst bestäuben konnten, dazu gehörte Oenothera affinis; und Pflanzen, welche fremdbestäubend und selbstinkompatibel waren, wie zum Beispiel Oenothera grandiflora. Bei den Fremdbestäubern wurden 80 Pflanzen in einem Netztunnel komplett isoliert. Die Bestäubung der einzelnen Blüten wurde von einem kleinen Hummelvolk übernommen.

Oenothera perennis, offen abblühend

Oenothera affinis Isolation unter Netz

Oenothera grandiflora im Netztunnel

Gemäss Literatur hätten die meisten Pflanzen im ersten Jahr eine Rosette ausbilden und erst im zweiten Jahr zur Blüte kommen sollen. Möglicherweise aufgrund des warmen und trockenen Sommers blühten aber bereits alle Pflanzen in diesem Jahr. Zum Glück war unser neuer Netztunnel bereits bestellt und konnte rechtzeitig auf dem Feld aufgebaut werden.

Wir erfreuten uns im Sommer an der grossen Vielfalt der verschiedenen Nachtkerzenarten.  Auf dem Feld standen hohe aufrechte wie auch niedrige buschige Pflanzen wie Oenothera rosea. Die unterschiedlich grossen Blätter waren kahl bis samtig weich behaart, wie z.B. bei Oenothera mollissima.

Oenothera rosea

Oenothera mollissima

Die Blütenfarben reichten von einem strahlenden Gelb, wie bei Oenothera affinis, bis hin zu einem leuchtenden Rot bei Oenothera versicolor oder einem knalligen Pink bei Oenothera kunthiana, das wohl auf eine Züchtung aus der weissen Wildform zurückgeht. Selbst die Blüten öffneten sich zu verschiedenen Zeitpunkten, einige am Abend, andere erst morgens.

Oenothera affinis

Oenothera versicolor

Oenothera kunthiana (evtl. eine gezüchtete Sorte)

Die Pflanzen wurden von uns genau untersucht, um allfällige Artabweichungen festzustellen. Das erste Saatgut der Pflanzen konnte Mitte August geerntet werden. Bei einigen Pflanzen war dies kein Problem, da die Kapseln lange geschlossen blieben, andere hingegen sprangen sehr leicht auf und mussten sofort geerntet werden. Die meisten Samen bildete Onothera biennis, ideal um daraus das wertvolle Nachtkerzenöl zu gewinnen.

Oenothera stucchii

Oenothera biennis

Oenothera fructicosa

Nachdem die Arbeiten auf dem Feld nun abgeschlossen sind, steht noch die Saatgutreinigung bei Sativa in Rheinau an. Das gereinigte Saatgut wird anschliessend wieder in der Genbank eingelagert und wichtige von uns ermittelte Merkmale, wie zum Beispiel das Tausendkorngewicht, die Keimfähigkeit usw. werden in der zugehörigen Datenbank eingetragen.

Wir haben uns in diesem Jahr intensiv mit den Nachtkerzen beschäftigt und viel Neues über die Gattung gelernt. Nun blicken wir gespannt auf das kommende Jahr und freuen uns, noch weitere uns unbekannte Nachtkerzen-Arten kennenzulernen.